SPD – Volkspartei der Arbeit, der Freiheit und der Zukunft

Wahlergebnis 2009

Die SPD erzielte am 27.09.2009 mit 23,0% ihr schlechtestes Ergebnis seit Bestehen derBundesrepublik. Gegenüber dem schlechten Ergebnis von 2005 verliert die SPD nochmals etwa 6,2 Mio Wähler, hiervon allein 2,1 Mio in das Lager der Nichtwähler, 1,5 Mio an Schwarz-Gelb und eine knappe Million an die Grünen, also insgesamt 2,4 Mio Wähler an die demokratische Konkurrenz. Dem gegenüber sind 1,1 Mio Abwanderungen an die Linkspartei der kleinere, wenn auch viel zu große Teil.

Die SPD verliert in allen Alters- und Bevölkerungsgruppen. Besonders hoch bei Jungwählern (20 Prozentpunkte). Ihre relativ höchsten Stimmenanteile erreicht die SPD weiterhin bei gewerkschaftlich organisierten Arbeitern, wo sie die stärkste Kraft bleibt, sowie bei Wählern mit einfacher Schulbildung und Rentnern. Ihre niedrigsten Wähleranteile liegen dagegen bei Selbständigen und katholischen Wählern.

Für die große Mehrheit der Wähler waren auch bei dieser Wahl die klassischen Themen Wirtschaft, Gerechtigkeit und Arbeitsmarkt wahlentscheidend. Gerade aber im Kernbereich Wirtschaft wurde der SPD vom Wähler allerdings ein Kompetenzdefizit attestiert.

Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier motivierte mit seiner Person (22 Prozent) die SPD-Wähler kaum weniger stark als 2005 sein Vorgänger Gerhard Schröder.

Der Verlust der Regierungsverantwortung ist in einer Demokratie zwar ein natürlicher Prozess und an sich kein Weltuntergang, die Höhe des Verlust bedarf allerdings einer genaueren Analyse von möglichen Gründen.

Ursachen des Wahlergebnisses

Manche Kreise der SPD hatten kurz nach der Wahl schon eindeutig die Gründe für diese Niederlage identifiziert: „Einer der Hauptgründe des dramatisch schlechten Wahlergebnisses ist die Politik der Agenda 2010…“ Doch so einfach ist das nicht! Die Reformen der Agenda 2010 sind erstens im Frühjahr 2003, und damit deutlich vor der Bundestagswahl 2005 beschlossen worden und zweitens hat die Serie verheerender SPD-Niederlagen schon bei den Landtagswahlen zu Beginn dieses Jahrzehnts eingesetzt also deutlich vor den Agenda-Beschlüssen. Die Agenda als Hauptgrund für ein schlechtes Abschneiden 2009 benennen zu wollen, greift zu kurz und vereinfacht grob fahrlässig. Das Hauptproblem der SPD – und damit auch der Hauptgrund für die verheerende Wahlniederlage – ist ihr seit Jahrzehnten aufgebautes Glaubwürdigkeitsproblem: Beispielsweise scheiterte ein unter maßgeblicher Beteiligung südbayerischer Bundestagsabgeordneter gestartetes Mitgliederbegehren gegen die Agenda-Beschlüsse kläglich. Trotzdem beherrschte die Debatte über die Agenda 2010 jahrelang die innerparteiliche Auseinandersetzung. Führende Vertreter des linken Parteiflügels kritisierten die Gesetzesvorhaben immer wieder öffentlich und betrieben somit das Geschäft des politischen Gegners. Eine zerstrittene Partei aber wird vom Wähler nicht gewählt. Die SPD hat es 2003 nicht verstanden, die Agenda-Politik mit einer sozialdemokratischen Vision zu verbinden. Ein Reformprojekt dieser Dimension kann nicht einfach mit Sachzwängen begründet und nur technokratisch kommuniziert werden. Details der Agendapolitik der rot-grünen Bundesregierung mögen durchaus unausgegoren gewesen sein. Das darf jedoch auf gar keinen Fall dazu führen, dass viele SPD-Mitglieder ständig nur die im Einzelfall durchaus berechtigte Kritik an einzelnen Elementen kommunizieren und der Öffentlichkeit so zu verstehen geben, dass die SPD nicht geschlossen zu einer Reformpolitik steht, die auf einem Sonderparteitag 2003 über 80% der Delegierten beschlossen haben und die langfristig gesehen die richtige Entscheidung für die Zukunft unseres Landes war.

Glaubwürdig erscheint auch nicht, wer nach der Wahl das Gegenteil vom dem tut, was er vor  der Wahl sagt. Der politische Flurschaden, der infolgedessen durch den Bruch zentraler Wahlaussagen wie der Mehrwertsteuererhöhung um drei Prozent oder den Versuch einer Regierungsbildung mit Hilfe der „Linken“ in Hessen entstanden ist, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Allein die hessische Affäre kostete bis Juni 2008 nachweislich etwa 5 Prozentpunkte, die bis zur Bundestagswahl nicht mehr wettgemacht werden konnten. Die steten Personalwechsel im Parteivorsitz – vier Wechsel im Vorsitz seit dem Rücktritt Gerhard Schröders 2004 – taten ihr übriges zur Bekräftigung der Unsicherheit.

Wie geht es weiter? Was muss getan werden?

Die Rufe nach einem „Linksruck“ der SPD sind absurd. Vielmehr müssen wir uns wieder nach allen gesellschaftlichen Richtungen hin öffnen. Wir müssen unser Spektrum erweitern, nicht verengen. Um bei Wahlen wieder stärker abzuschneiden, ist die Erkenntnis wichtig, dass Wahlen nicht an den politischen Rändern gewonnen werden, sondern in der Mitte. Eine Volkspartei muss in der Lage sein, gesellschaftliche Veränderungstendenzen aufzunehmen und auch ernst zu nehmen. Die SPD verfügt z.B. über keinen bekannten Protagonisten um bürgerrechtsliberale Gedanken ernsthaft und glaubwürdig aufzunehmen. Aber auch im Bereich Wirtschaftkompetenz wird die personelle Decke in der Partei immer dünner. Mit Klaas Hübner wurde ein ausgewiesener Fachmann auf diesem Gebiet nicht wieder auf der Liste abgesichert, auch dies führt weg von der notwendigen Breite, die eine Volkspartei ihren Wählern anbieten muss. Die Abkehr von dem Prinzip Volkspartei hat bereits in den Achtziger Jahren mit der parteiinternen Demontage von Helmut Schmidt begonnen und wurde von Gerhard Schröder nur vorübergehend gestoppt. Solange es das Ziel einzelner Kreise der SPD ist, die Partei in einer Art „Linksruck“ zu einer Klientelpartei zu machen wird es jede/r sozialdemokratische Kanzler/in schwer haben. Dies ist sowohl Helmut Schmidt wie auch Gerhard Schröder so gegangen. Die Besetzung der politischen Mitte bleibt der Königsweg zur Regierungsmacht in allen großen westlichen Demokratien. Die Demokratische Partei der USA hat es grandios bewiesen. Und: Nur wer regiert kann verändern!

Die Personalentscheidungen für Sigmar Gabriel als Parteivorsitzenden und Frank-Walter Steinmeier als Fraktionsvorsitzenden im Bundestag sind gut und richtig. Einer ist bereits gewählt, der andere muss noch gewählt werden. Ein von manchen Kreisen bemängeltes Demokratiedefizit können wir SEEHEIMER OBERBAYERN hier nicht erkennen.

Wir SEEHEIMER OBERBAYERN stehen im Prinzip zu den Erkenntnissen und Erfolgen des jetzt zum Abschluss kommenden ersten Jahrzehnts. Mit Steinmeiers Deutschlandplan hat die SPD bereits das Konzept fürs zweite Jahrzehnt. Keine andere Partei kann etwas Ähnliches anbieten. Jetzt gilt es, unsere Ideen und Konzepte mit unserer sozialdemokratischen Sicht einer gerechteren Gesellschaft zusammenzuführen und zu erklären. Kein anderes politisches Lager definiert sich so stark über Grundwerte, dem muss auch öffentlich wieder mehr Rechnung getragen werden.

Die SPD ist die Partei der Arbeit, weil sie wie keine andere Partei in Deutschland für die Belange und das Recht der gesamten arbeitenden Bevölkerung eintritt. Vom einfachen Arbeiter, bis hin zum Freiberufler, Selbstständigen und leitenden Angestellten.

Die SPD ist die Partei der Freiheit, weil sie sich wie keine andere Partei in Deutschland zu einem aufgeklärten Menschenbild bekennt, aber auch weiß, dass zu individueller Freiheit auch Wahlmöglichkeiten gehören und somit soziale Absicherung für wirkliche Freiheit unumgänglich ist.

Die SPD ist die Partei der Zukunft, weil sie wie keine andere Partei in Deutschland eine klare Gesellschaftskonzeption hat, in der Freiheit und Gerechtigkeit miteinander vereint in einer solidarischen Gesellschaft umgesetzt werden sollen. Und dies zum Wohl der gesamten Bevölkerung.

Die SPD muss jetzt die Rolle der Opposition 100%ig akzeptieren und ausfüllen, 1. weil die Opposition in der parlamentarischen Demokratie wie die Regierung eine nationale Aufgabe zu erfüllen hat, und 2. weil in Kombination mit dem Volksparteikonzept ein Hinzugewinn von Millionen neuer Wählerstimmen winkt – zu Lasten aller vier anderen Fraktionen!

München, 8.11.2009

Der Text als PDF >>>