Die Bayerische SPD 2008 / 2009

Landtagswahl 2008

Die CSU hat sich am 28.9.2008 die deftigste Watsch ihrer Geschichte eingehandelt. Der bayerische Wähler hat sowohl das angebotene Personal (Müntefering: „Waschlappen“) als auch die aktuelle Politik (Transrapid, Landesbank,..) abgelehnt und damit der CSU erdrutschartige Verluste beschert.

Aus diesem Grund ist es verständlich, wenn eine Oppositionskraft nach jahrzehntelanger, oftmals demütigender Behandlung durch eine dominante „Staatspartei“ am Wahlabend in euphorische Stimmung aufjubelt und sich selbst zum Sieger erklärt.

Aber spätestens am Tag danach hätte man mit Entsetzen die ganze Tragik für uns erfassen müssen: Die BayernSPD ist keinen Schritt vorangekommen, sondern hat selbst gegenüber dem katastrophalem Wahlergebnis von 2003 nochmals an Boden verloren und damit das schlechteste Ergebnis der Nachkriegszeit eingefahren. Über 60% der bayerischen Wählerinnen und Wähler haben auch bei dieser Landtagswahl wieder bürgerlich-konservativ gewählt. Die Zahl derjenigen, die ihr Kreuz rechts von der SPD gemacht haben, hat sich somit auch bei dieser Wahl kaum verändert. Wir Sozialdemokraten sind somit von unserem Ziel, in diesem Land eine nicht nur im Kommunalen Bereich gestalterische Kraft zu werden, weiter denn je entfernt.

SPD in Bayern früher und heute

Diese heutige, auch im Bundesvergleich geringe Verankerung der SPD in der bayerischen Wählerschaft ist allerdings nicht naturgegeben. Während in den sechziger Jahren der Unterschied zwischen den Wahlergebnisse bei Landtags- und Bundestagswahlen noch marginal war, ist dieser inzwischen auf über 7 Prozentpunkte angewachsen.

Seit den 70er-Jahren hat die von Georg von Vollmar, Wilhelm Hoegner, Waldemar von Knoeringen und Hans-Jochen Vogel als soziale Volkspartei geprägte BayernSPD dramatische Stimmenverluste erlitten. Bayern ist der traditionsbewusste Teil Deutschlands, hier sind mehr Menschen als in jeder anderen Region durch ein historisch gewachsenes Selbstbewusstsein geprägt. Gerade hier in Bayern entwickelte sich – nach der Ära Vogel ein Landesverband, der, mehrheitlich von einem Flügel dominiert, innerhalb der Bundespartei am linken Rand dümpelt. Einige Beispiele aus der letzten Zeit machen dies eindruckvoll deutlich:

  1. Die andauernde inhaltliche Debatte um die Agenda 2010: Zwei Drittel der Gegenstimmen innerhalb der SPD im Bundestag kamen aus Bayern, das Mitgliederbegehren wurde fast ausschließlich von bayerischen Abgeordneten initiiert. Statt den Erfolg dieser Reform offensiv nach außen zu vertreten, wird sie nach wie vor in Frage gestellt. Der Verlust der Kanzlerschaft Schröders ist wesentlich diesem Umstand zuzuschreiben. Dabei zeichnen sich klare Erfolge der Agenda-Politik beim Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre, am Arbeitsmarkt und in der Folge bei der Konsolidierung des Bundeshaushalts sowie in der Bildungspolitik (Ausbau der Ganztagsschulen) ab. Wir sollten stolz sein auf diese herausragende Leistung durch mutiges sozialdemokratisches Regierungshandeln.
  2. Gegenstimmen gegen den Koalitionsvertrag: Etwa die Hälfe der Gegenstimmen gegen den Koalitionsvertrag 2005 beim Bundesparteitag in Karlsruhe kamen aus Bayern. Und dies, obwohl es hierzu für uns keine realistische Alternative gab. Wie wichtig sozialdemokratische Regierungsbeteiligung für Deutschland ist, zeigt aktuell das Wiederbeleben der deutsch-amerikanischen Freundschaft durch Frank-Walter Steinmeier, der im Gegensatz zu Angela Merkel frühzeitig und intensiv den Kontakt zu Barack Obama als Hoffnungsträger einer neuen amerikanischen Politik gesucht und ein vertrauensvolles Verhältnis aufgebaut hat. Auch das konsequente Handeln von Peer Steinbrück in der aktuellen Finanzkrise hilft Deutschland und positioniert uns als erfolgreiche und zupackende Krisenmanager.
  3. Führende Mitglieder der bayerischen SPD wollen mit der Linkspartei zusammenarbeiten: Der Presse musste man entnehmen, dass Teile der bayerischen SPD-Spitze in einer möglichen Zusammenarbeit mit der Linkspartei kein Problem sehen, sondern im Gegenteil diese Zusammenarbeit für eine „vernünftige Machtoption“ halten. Diese Auffassung steht im diametralen Gegensatz dazu, was der bayerische Wähler will, trägt also keinesfalls zur Verdeutlichung des SPD-Profils bei.

Aussagen und Auftritte wie diese bestimmen leider das Erscheinungsbild der BayernSPD, Diese Außenwahrnehmungen konterkarieren die Arbeit der Genossen und Genossinnen an der Basis, die in Kommunalparlamenten erfolgreich und größtenteils ehrenamtlich für das Wohl der Gemeinschaft in Bayern arbeiten.

Die SPD in Oberbayern

Christian Ude hat die Funktionärsschicht der BayernSPD in einem Artikel der Abendzeitung kritisiert. Seine Aussagen treffen im besonderen Maße für die oberbayerische SPD zu. Statt die beim Wähler erfolgreichen oberbayerischen Politiker wie Axel Berg herauszustellen, werden diese auf die hinteren und damit unsichere Plätze bei der Listennominierung für den Bundestag 2009 abgeschoben. Stattdessen teilen sich erfolglose Langzeitpolitiker, die trotz Mandat keinerlei Zuwächse in Ihren Wahlkreisen erzielen die vorderen Plätze unter sich auf.

Perspektiven

Uns geht es um die Zukunft, um das erste Viertel des 21. Jahrhunderts, gewissermaßen um eine Agenda 2020 für die BayernSPD. Es geht auch um mehr als nur die nächsten Wahltermine. Es geht darum, dass die BayernSPD auf Dauer reformfähig, mehrheitsfähig und regierungsfähig wird.

Ein mühsamer Weg liegt vor uns: Im Freistaat ist, wie man auch im Vorfeld der letzten Landtagswahl gesehen hat ein Bedürfnis nach lebendiger Demokratie vorhanden dem es zu entsprechen gilt. Und das heißt bei uns in Bayern in erster Linie, der nach wie vor übermächtigen CSU eine pragmatische und regierungsfähige Alternative gegenüber zu stellen.

Die BayernSPD muss ihr Verhalten grundlegend ändern, weg von einer Personalpolitik der kleinen Zirkel und hin zur demokratischen Öffnung für die Wählermitte. Demokratischer Wettbewerb statt Abschottung aus Angst vor innerparteilicher Konkurrenz muss zum Leitgedanken werden. Unser Personalangebot muss besser werden damit die Chancen beim Wähler wieder steigen. Dass Sozialdemokraten/innen in Bayern mehrheitsfähig sein können, zeigen die großen Führungspersönlichkeiten der bayerischen Sozialdemokratie der Nachkriegsgeschichte. Auch heute gibt es SPD-Politiker, die das Zeug dazu haben, diese Rolle auf zeitgemäße Weise auszufüllen.

Die Erneuerung der bayerischen Sozialdemokratie muss von der Basis ausgehen: Von den erfolgreichen Kommunalpolitikern, die vor Ort Vertrauen genießen und somit ein wichtiges Aushängeschild der bayerische SPD sind. Ihr basisnaher Sachverstand und ihre bewährte, durch Leistung erworbene Glaubwürdigkeit können der SPD helfen verlorenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Wir sehen in ihnen die Garanten für einen erfolgreichen Neuanfang. Eine innerparteiliche Personalauswahl darf nicht länger am Wähler vorbei gehen. Neubeginn bedarf der anhaltenden, vernehmlichen und vernetzten Rebellion der Ortsvereine und Kreisverbände.

Das Ziel ist die lebendige Demokratie und eine bodenständige, in der Bevölkerung verankerte SPD. Wir wollen ein zukunftsorientiertes und zugleich traditionsbewusstes attraktives Alternativangebot zur übermächtigen CSU schaffen und die Wählerinnen und Wähler im Freistaat Bayern, zu dem wir uns bekennen, für uns dauerhaft gewinnen.

München, 15.01.2009

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